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1. Alles beginnt mit der Sehnsucht

Sybille

Alles beginnt mit der Sehnsucht. Der blaue Himmel das endlose Band der Straße – der Mensch sieht ein Sinnbild des Lebens darin. Immer ist im Herzen Raum für mehr, für Schöneres, für Größeres. Immerfort sich hinstrecken auf ein Kommendes – Das ist des Menschen Größe und Not. Sehnsucht nach Verstehen, nach Freundschaft, nach Liebe. Und wo Sehnsucht sich erfüllt, dort bricht sie noch stärker auf: dass es so bleibe, dass es nicht vorübergehe. .... Nelly Sachs

Nach dem Grimm’schen Wörterbuch ist die Sehnsucht „die krankheit des schmerzlichen verlangens“.


Die Psychologie definiert Sehnsucht als „Gedanken und Gefühle über vergangene, gegenwärtige und zukünftige Aspekte des Lebens, die unvollständig oder unvollkommen sind, gepaart mit dem Wunsch nach einem alternativen Idealzustand“.


Die Sehnsucht kann als eine Art „Metaziel“ verstanden werden. Zwar kann sie mitunter zur Tat verführen und so zu einem Ziel reifen. Doch ist dies keineswegs zwingend. Ob sich Sehnsüchte zu Zielen entwickeln, hängt von mehreren Parametern ab: wie unsicher sich die Menschen fühlen, wenn es um die Realisierung geht, wie hoffnungsvoll sie sind, wie positiv sie aufs Leben blicken und ob sie ihre Sehnsucht als kontrollierbar wahrnehmen.

„Sehnsucht ist ein Grundmotiv mystischer Dichtung. Sie ist neben Liebe, Angst, Schuld und Tod eines der Urthemen der Literatur überhaupt. Bis in unsere Gegenwart hinein gilt allen Trivialisierungen, Kommerzialisierungen und Sinnentleerungen in Werbung und Massenmedien zum Trotz: Poesie und Narration speisen ihre Energie von der Perspektive einer „Endstation Sehnsucht", wie der Nordamerikaner Tennessee Williams eines seiner großen Dramen nannte. Literatur entsteht als fiktives Bedenken, Verdichten und Umschreiben von menschlichen Wirklichkeiten und erträumten Möglichkeiten. Sie lebt von der unsterblichen Neugier der Schreibenden und Lesenden nach dem Anderen, dem Noch-Nicht-Erreichten, und vor allem nach dem letztlich Unerreichbaren“.


Dass die Sehnsucht auch eine gesellschaftliche Kraft entfalten kann, hat Ernst Bloch formuliert: Er sah in der Fähigkeit zur Sehnsucht die ehrlichste Eigenschaft des Menschen. Sie könne etwas in die Welt bringen,"das allen in die Kindheit scheint und worin noch niemand war: Heimat".


"Durch die Tür unserer Sehnsucht erhaschen wir einen Blick auf Leerstellen in unserem Innersten. Sehnsüchte verraten etwas über unsere Unvollständigkeit. Und flüstern von Risiken die wir bereit sind einzugehen, um die Leere zu füllen. Sie verraten, auf welche Weise wir aufgrund unserer Bedürftigkeit anderen und uns selbst gut und gefährlich zugleich sind."

Sehnsucht rankt sich also um die wichtigen Entwicklungsaufgaben und Grundmotive des Lebens. Um die verschiedensten Sehnsüchte soll es in diesem Adventskalender also gehen und sie werden jeweils mit einem Musikstück verknüpft.


Die heutige Musik: Even When He is Silent von Kim Andre Arnesen, einem jungen norwegischen Komponisten. Es erinnert mich an einen Evensong im der Hamburger Michaeliskirche im eiskalten Februar. Wundervoll schwebende Klänge.


 
 
 

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