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11. Haydn, der Marketingstratege

Sybille

Die sechs Streichquartette Opus 33 von Joseph Haydn gelten als der Beginn der Wiener Klassik.  Als sie vom Komponisten Ende 1781 zum Druck befördert wurden, kündigte er seinem Wiener Verleger Artaria an, sie seien „auf eine ganz neue, besondere Art“ geschrieben. Heute neigen die Experten dazu, hinter diesem Satz den Marketingstrategen Haydn zu vermuten, der eine griffige Parole für seine neuen Quartette ausgab.


Die beginnende Loslösung vom Generalbass und das aufkommende Ideal eines homogenen Gesamtklangs bildeten Voraussetzungen für die Entstehung des Streichquartetts. Die eigentliche Gründung vollzog sich dann an zwei Orten etwa zur gleichen Zeit: gegen Ende der 1750er Jahre in und um Wien durch Joseph Haydn und um 1761 in Mailand durch Luigi Boccherini. Bei aller Individualität definieren diese beiden Komponisten das Streichquartett als das, was man darunter bis heute versteht: Einerseits einen instrumentalen Besetzungstyp, bestehend aus einem solistischen Ensemble von zwei Violinen, einer Bratsche und einem Violoncello, andererseits eine musikalische Gattung für diese Besetzung, wobei die Form dieser Gattung die Sonate ist. Das heißt: Ein Streichquartett ist - wie eine Symphonie oder eine Sonate - zumeist viersätzig: mit einem schnellen ersten Satz in Sonatenhauptsatzform, mit einem langsamen zweiten Satz in einer eher einfacheren Form, mit einem Menuett oder Scherzo als dritten Satz und mit einem Finale als vierten, wiederum in Sonatenhauptsatzform oder in Rondoform oder in einer Kombination aus beiden Formen.


Im Jahr 1799 bekommen Joseph Haydn und Ludwig van Beethoven exakt denselben Kompositionsauftrag: Sechs Streichquartette. Ein Zufall? Keineswegs. Denn auch der Auftraggeber ist ein und derselbe: Fürst Franz Joseph Maximilian von Lobkowitz. […] Dieser spielte selbst Geige und Cello - und er förderte Komponisten. Beethoven unterstützte er mit einer Jahresrente von 4.000 Gulden, und der widmete ihm einige seiner größten Werke. Mit Haydn dagegen hatte Lobkowitz keine so enge Verbindung. Warum gab er Haydn und Beethoven dann denselben Auftrag? Wollte der 26-jährige Fürst die beiden Komponisten gegeneinander antreten lassen? Musikalische Wettbewerbe waren damals durchaus üblich.


Fest steht, dass Haydn bloß zwei der bestellten sechs Quartette fertiggeschrieben hat. Beethoven dagegen schrieb zum ersten Mal für die Gattung - und begründete mit seinen sechs Quartetten Opus 18 einen völlig neuen Stil: Er verknüpfte die motivisch-thematische Arbeit mit den harmonischen Wechseln… Man muss Haydns und Beethovens Quartette gar nicht miteinander vergleichen, man fühlt es: Die einen beenden ein Jahrhundert, die anderen eröffnen ein neues.


Der erste Satz des Streichquartetts op. 77 Nr. 1 von Joseph Haydn erklingt zunächst in einem „festlich-marschähnlichen Ton“ und spinnt sich dann mit unzähligen Einfällen fort. Ein brillanter Kontrapunkt, virtuose Soli und Dialoge.


 
 
 

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