20. Der Dilettant - Eine Ehrenrettung?
Ehedem ein Ehrentitel für die, welche zwar der Musik nicht ihr Leben weihten, aber ihr die genussreichsten Stunden verdankten, ist Dilettant heute zum Schimpfwort geworden.
Diese Bezeichnung für den nicht-professionellen Musikfreund (von lateinisch „delectari“, italienisch „dilettarsi“ = sich erfreuen) hat sich während der 2. Hälfte des 18. Jh.s im Deutschen eingebürgert. Der Begriff hat aber eine sehr viel weiter zurückreichende Vorgeschichte und Prägung.
In der griechischen Antike, besonders im klassischen Athen galt das elitäre Ideal einer Ausgewogenheit zwischen politischem Handeln und privaten, kontemplativen und künstlerischen Lebensinhalten. Diese Haltung fand sich auch im mittelalterlichen Rittertum, insbesondere aber beim „uomo universale“ der italienischen Renaissance und auch noch im Barock, wo musizierende und komponierende Adlige in Theater und Kirche und in der camera üblich waren. Die Society of Dilettanti die sich 1734 in London gründete, verschrieb sich den antiken Künsten, förderte später auch die italienische Oper und archäologische Expeditionen.
Im Bereich der Musik ist die Mitte des 18. Jahrhunderts einsetzende Entwicklung zur Vermarktung der Musik ein Wendepunkt. Einerseits erweitert sich der Kreis der Muszierenden auf das erstarkende Bürgertum, andererseits professionalisiert sich die Aufführungspraxis zunehmend.
Sowohl Haydn wie Mozart haben ihre Überlegenheit eher augenzwinkernd zu Papier gebracht: Mozart in seinem Musikalischen Spaß vermutlich sowohl gegen musizierende wie gegen komponierende Dilettanten im Sinne von Unprofessionalität, Haydn etwa im langsamen Satz seines Klaviertrios in es-Moll (Hob. XV:31, 1794) mit dem Titel Jacob’s Dream, in dem er sich über einen dilettierenden Geiger in London lustig macht.
In ein ernstes Dilemma geriet das Dilettantentum aber durch die Ansprüche an Spieltechnik und Auffassungsvermögen, die z.B. Beethoven und auch Schubert mehr und mehr in Orchester- und Kammermusik (Schubert teilweise auch im Klavierlied) stellten. Die Lösung für die Orchesterpraxis konnte nur eine Professionalisierung bringen.
Goethe und Schiller haben sich zahlreich über den Dilettantismus geäußert und 1799 gemeinsam fragmentarische Schemata zum Dilettantismus in den verschiedenen künstlerischen Fächern entwickelt. Letztlich ist diese Sammlung eine Auseinandersetzung mit dem Geniebegriff.
Kunst begreift demnach der Dilettant als einfaches Spiel. Dies wird insbesondere den „Weibern, Reichen, Vornehmen“ zugeschrieben. Der Künstler hebt sich nach Goethes Definition neben dem angeborenen Talent durch folgende Merkmale vom Dilettanten ab:
Ausübung der Kunst nach Wissenschaft.
Annahme einer objektiven Kunst.
Schulgerechte Folge und Steigerung.
Beruf und Profession.
Anschließung an eine Kunst- und Künstler-Welt.
Schule.
Ein Dilettant kann sich zwar das Wissen des Künstlers aneignen, kann dieses Wissen jedoch nicht wie das Genie gebrauchen, da Genie selbst nicht erlernbar, sondern dem wahren Künstler angeboren ist. Wie sich Genie selbst definiert, wird dabei nicht erläutert, wodurch der Geniebegriff als ein „Bollwerk, von dem aus sich Schiller und Goethe gegen die andringende Flut des Dilettantismus mit Erfolg zu verteidigen wußten“ (Koopmann) angesehen wurde. Bemerkenswert ist dann doch, dass ausdrücklich für Frauen diese Merkmale des Künstlers grundsätzlich nicht erreichbar waren, da ihnen sowohl der Zugang zu Universitäten wie eine freie Berufsausübung verwehrt wurden. So erscheint die Diskussion auch als Bollwerk gegen sich künstlerisch betätigende Frauen.
Das Wort Dilettant hat so Schritt für Schritt einen negativen Beigeschmack angenommen und wird heute fast ausschließlich abwertend gebraucht.

Die zwölf Lieder und Romanzen op. 44 von Johannes Brahms für vierstimmigen Frauenchor wurde für Brahms' Hamburger Frauenchor komponiert.
Wie in einigen anderen kurzen Stücken für Frauenchor von Brahms gelangen die zweiten Altstimmen oft gefährlich tief... Brahms gab an, dass die Stücke entweder a cappella oder mit optionaler Klavierbegleitung gesungen werden sollten.
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