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20. Sehnsucht reicht nicht - Der Blick des Pragmatikers

Sybille

Aus dem Erfahrungsschatz eines Unternehmensberaters:

„Wenn Du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer.“

Dieses Zitat wird dem französischen Schriftsteller Antoine de Saint-Exupéry zugeschrieben. Es ist beliebt, weil es inspiriert, und wird gerade deshalb immer wieder für Präsentationen, Reden und Workshops bemüht. Nur leider bringt dieses Zitat keinen Schritt weiter.  Niemanden.

Der Spruch erinnert nicht nur daran, dass es wichtig ist, die Leute zu inspirieren. Hier wird Sehnsucht zur einzigen Quelle, zum alleinigen Antrieb für ein großes Projekt erhoben. Das Problem mit der Sehnsucht ist aber: Sie kann genauso gut dazu führen, dass die Truppe mit einem ferngesteuerten Boot am See sitzen bleibt und spielend weiter vom Meer träumt. Denn das klappt auch wunderbar, ganz ohne Umsetzung.

Überhaupt, die Sehnsucht. Was für ein Begriff. Ein irgendwohin-Wollen, ein Schmachten. Sehnsucht ist irgendwie subtil, jedoch allgegenwärtig und anhaltend. Sie schmerzt und wartet doch auf Erfüllung, auf Erlösung. Sie erhofft eine Richtung. Denn die gibt sie nicht vor. Sehnsucht hat keinen Schub, keine Dynamik. Was fehlt, ist die Vorwärtsbewegung.


Auf die Frage, was Unternehmer zu ihren Projekten treibt, gibt es viele Antworten. Die Lust auf Neues. Der Wunsch, etwas zu schaffen. Manchmal auch die pure Notwendigkeit: „Es muss halt gemacht werden.“ Den Begriff „Sehnsucht“ habe ich in diesem Zusammenhang noch nie gehört.

Unternehmer haben keine Sehnsucht nach einem Ziel oder Zustand oder einer Vision. Zumindest nicht am Anfang. Obwohl die Vision im theoretischen, im idealen Raum von der Beraterwelt häufig gefordert wird, spielt sie meiner Erfahrung nach eine nachgelagerte Rolle. Sie entsteht beim Vorwärtskommen. Das heißt natürlich nicht, dass die Vision an sich unwirksam wäre. Jedoch muss es noch einen anderen Antrieb geben, der Projekte entfesselt, Teams zusammenführt und zusammenhält.

Saint-Exupéry soll mit seinem Zitat demjenigen helfen, der Unterstützer gewinnen will. Ist Sehnsucht aber dazu geeignet? Für ihn selbst ist die Sehnsucht sein stärkstes Werkzeug. Aber ist sie auch das stärkste Werkzeug für Projekt-Lostreter, für Vorwärtsbringer?

Ich kann mich an keinen Projekt-Starter erinnern, der nicht auch Holz beschafft, Aufgaben vergeben und Arbeit eingeteilt hätte. Es kann also gut sein, dass wir dem Rat eines Schriftstellers aufsitzen, der selbst noch kein Schiff gebaut hat. Ganz nach dem Motto:

Wer nur den Hammer kennt, für den ist jedes Problem ein Nagel.

Musik: Hier kommt der II. Satz Larghetto aus der 1. Sinfonie op. 25 von Sergej Prokoffiew.

Die Sinfonie verdankt ihren Beinamen „Klassische“ ihrer liebevoll-parodistischen Verwendung einer an Joseph Haydn und den frühen Pjotr Iljitsch Tschaikowski (seinerseits ein Verehrer Mozarts) gemahnenden Tonsprache. Das Werk ist geprägt von Heiterkeit und Vitalität und zeichnet sich durch eine ausgeklügelte Rhythmik und die durchsichtige Verwendung eines von der Besetzung her vorromantischen Orchesters aus. Leonard Bernstein bezeichnete es als Musterbeispiel für „Humor in der Musik“.

Prokofjew kam nach eigener Aussage durch seinen Lehrer Nikolai Tscherepnin auf den „Geschmack an den Partituren Haydns und Mozarts“. … Wenn Haydn heute noch lebte, dachte ich, würde er seine Art zu schreiben beibehalten und dabei einiges vom Neuen übernehmen. Solch eine Sinfonie wollte ich schreiben – eine Sinfonie im klassischen Stil.“

Zitiert aus Wikipedia



 
 
 

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