3. Feinheit und Harmonie - Subtilitas
subtīlitās subtīlitātis, f (Dritte Deklination) Nom. Sg. 1. Feinheit, Feingefühl, Genauigkeit, Scharfsinn 2. Schlichtheit, Einfachheit, Gründlichkeit
Die ars nova erweiterte im 14. Jahrhundert mit einer neuen verbesserten Notation, der Mensuralnotation die Möglichkeiten zur rhythmischen Differenzierung. So entstand in Frankreich eine hoch entwickelte, zum großen Teil mehrstimmige Vokalmusik, die sowohl harmonisch als auch rhythmisch hoch differenziert war.
Die ars nova traf bei ihrem Erscheinen auf heftigen Widerstand der Verfechter der Alten Kunst (ars antiqua) unter ihrem Wortführer Jakobus von Lüttich.
Nachdem Papst Johannes XXII. 1322 die Aufführung der neuen Musik in der Kirche verbot, fand die Musik vor allem beim höfischen Adel Anhängerschaft und Unterstützung; in diesem Umfeld entstanden vermehrt weltliche Musikformen.
Die vorherrschenden Gattungen der Ars nova sind neben der Motette verschiedene mehrstimmige Liedformen (Ballade, Rondeau, Virelai).
Eine besondere subtilitas (Rhythmische Feinheit) und dulcedo (Melodische und harmonische Qualität) schrieb Johannes de Grocheo um 1300 in seinem Traktat „Ars musicae“ der ars nova zu.
Grocheo fasste das Komponieren und Praktizieren von Musik als Kunst auf und legte Wert auf regelgerechtes Komponieren und handwerkliche Geschicklichkeit beim Musizieren. Darin sah er eine Parallele zur Architektur.
Er war auch einer der ersten, der die Motette definierte. Er war der Ansicht, dass eine Motette "nicht für einfache Gemüter bestimmt sei, die ihre Feinheiten nicht verstehen und daraus keinen Hörgenuss ableiten: sie ist für Gebildete und diejenigen, die nach Verfeinerung der Kunst suchen."
Er versuchte, den verschiedenen Formen und Genres der Musik spezifische gesellschaftliche Funktionen zuzuweisen und verkündete Musik als Heilmittel für gesellschaftliche Fehlentwicklungen, welche die Kraft habe, Lasterhaftes zurückzuhalten.

Die Subtilität, das fein Gewebte und gleichzeitig natürlich Einfache kommt hier im Brahms „Feldeinsamkeit“ aus den „sechs Liedern für tiefe Stimme op. 86“ zum Ausdruck. Dieses Lied gilt vielen als eines der schönsten von Brahms, wenn es auch dem Schöpfer des Gedichtes, Hermann Allmers, gar nicht so sehr gefallen haben soll. Er fand es „zu gesucht und anspruchsvoll“. Wunderschön die Zeile „von Himmelsbläue wundersam umwoben“. Und so schrieb Elisabet von Herzogenberg an Brahms: „Die Stelle…zieht mir die Seele aus dem Leib“
Anna Lucia Richter singt hier bezaubernd schlicht und innig.
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