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7. Sehnsucht nach Schönheit

Sybille
„Schönheit ist eigentlich nie traurig. Sie tut nur weh.“ (Marilyn Monroe sagte diesen Satz kurz vor ihrem Tod.)

„Die Schönheit ist im 20. Jahrhundert in Verruf geraten: Wer von ihr in einem naiv-selbstverständlichen Sinne sprach, geriet rasch in Verdacht, Theodor W. Adornos Verdikt von der Unmöglichkeit, nach Auschwitz weiterhin (schöne) Gedichte zu schreiben, nicht verstanden zu haben; oder man attestierte ihm eine bedenkliche Nähe zum Kitsch und damit zur Sentimentalität und Trivialität – Schönheit als Nippes und Massenware; oder der Betreffende sah sich dem Vorwurf des Eskapismus ausgesetzt – so, als ob er aus einer hässlichen Realität ins Imaginäre des Schönen fliehen wollte und sich dabei, wie Sigmund Freud es ausdrückte, des „milde berauschenden Empfindungscharakters“ der Schönheit bediente. In diesem Zusammenhang galten Künstler als unseriös, sobald sie unbedenklich und unreflektiert nur das Schöne in den Mittelpunkt ihres Schaffens rückten und damit Ästhetik, Kunst und Kultur eventuell als Alibi missbrauchten.“


Als eine Verheißung von Glück hatte jedoch Stendhal Schönheit verstanden:

„La beauté n’est que la promesse du bonheur“.

Bei einem Besuch von Florenz war 1817 Stendhal völlig überwältigt von den Eindrücken der Kunst „in eine Art Extase“gefallen. Als Stendhal-Syndrom werden demnach gewisse psychische, zum Teil somatoforme Störungen bezeichnet, wenn diese im zeitlichen Zusammenhang mit einer kulturellen Reizüberflutung auftreten. Zu den Symptomen zählen Panikattacken, Wahrnehmungsstörungen und wahnhafte Bewusstseinsveränderungen.


Ob Schönheit eine Eigenschaft des Objektes, oder eine Empfindung des Subjektes, oder etwas Drittes ist, ist traditionell und bis heute umstritten. Untersuchungsgegenstand ist Schönheit in der Philosophie, wo das Schöne speziell in der griechischen Antike zusammen mit dem Wahren und dem Guten zu den obersten Werten gehörte.


Schön-sein bezeichnete in der Antike das innere Gut-sein eines Menschen, seine ethische Vortrefflichlichkeit. Damals gab es das Ideal der „kalokagathia“ (das „Schöngute“), eine körperliche und geistige Vollkommenheit.  Nach Sokrates ist die äußerliche Schönheit nichts anderes als ein Abglanz des Wahren und Guten. Nach Platon sind das Gute und das Schöne als untrennbare Einheit zu betrachten, insofern wird die Schönheit moralisch aufgeladen. Die Pythagoreer stellten Rechnungen auf für vollkommene Musikstücke, perfekte Tempelbauten und ideale menschliche Körper. Bis zur Neuzeit wurde das Schöne mit Symmetrie & Harmonie gleichgesetzt.

Soziologen betrachten Schönheit in Bezug auf gesellschaftliche Werte als Konvention. Demnach ist jemand schön, der oder die bestimmte Eigenschaften verkörpert, die innerhalb der jeweiligen Kultur als Perfektion gelten.

Natürlich haben sich auch die Psychologie und Kunstwissenschaften mit der Schönheit beschäftigt. Wie Kunst und Geschmack ist Schönheit zentral für die Ästhetik, wo sie in Beziehung gesetzt wird zu Anmut, Eleganz oder Erhabenheit. Als ästhetischer Wert steht der Schönheit die Hässlichkeit gegenüber.


Und damit wären wir wieder bei der aktuellen Diskussion um die Entzweiung von Schönheit und Leben in der modernen Ästhetik. So meint Nehamas, zuerst habe die ästhetische Moderne den Glauben an die Schönheit zerstört, denn Schönheit sei an die Attraktivität der Erscheinung gebunden, während die Moderne allein an den Fragen der künstlerischen Form interessiert sei. Im zweiten Schritt habe die ästhetische Moderne sodann jede Verbindung zwischen der künstlerischen Form und den Erfüllungen und Vergnügungen, die zum Glück eines erfüllten Lebens gehören, durchtrennt. Nach Nehamas schaut die ästhetische Moderne mit Verachtung auf das Glück herab, in dem sie nur niedrige Sinnlichkeit (Kant) oder kulturindustriell produziertes Einverständnis (Adorno) zu sehen vermöge.

Quellen:



Die heutige Musik ist ein Stück aus der Serenata „La Senna festeggiante“ RV 693 von Vivaldi, die 1726 zum Namenstag von Louis XV.  komponiert wurde. Gespielt von der fabelhaften Dorothee Oberlinger, die wir mit ihren virtuosen Blockflöten im September in einem Abo-Konzert hörten. Eine überaus charmante und schlagfertige Künstlerin.






 
 
 

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